Inhaltsangabe: Léon und Louise von Alex Capus


Inhalt
Der 17-jährige Gymnasiast Léon Le Gall reisst von zu Hause aus und fährt mit seinem Fahrrad von Cherbourg in ein kleines Dorf, wo er während dem ersten Weltkrieg am kaum befahrenen Bahnhof als Morser arbeitet. Er hat nicht viel zu tun, geniesst jedoch das eigenständige Leben. Auf dem Weg wurde er von einem Mädchen in seinem Alter auf dem Fahrrad überholt. Sie hat ihm gefallen, doch seither hat er sie nie wieder gesehen.
Bei einem seiner abendlichen Barbesuche kommt sie plötzlich zur Tür rein. Sie wechseln ein paar Worte, sie scheint jedoch nicht sonderlich viel Interesse zu haben.  Ihre geheimnisvolle Art macht sie für Léon aber noch interessanter. Die Bewohner des Dorfes erzählen ihm, dass sie Louise Janvier heisst und beim Bürgermeister als Assistentin arbeitet. Mehr weiss man über sie nicht, denn sie ist erst kurz vor Léon im Dorf angekommen.
Léon und Louise treffen sich in der Folge regelmässig, sprechen miteinander über Gott und die Welt und verstehen sich gut. Léon, der handwerklich begabt ist, repariert ihr Fahrrad und montiert ihr eine Klingel, was Louise eigentlich nicht passt. Sie belässt es trotzdem so. An einem freien Wochenende überredet Léon Louise, mit ihm nach Cherbourg ans Meer zu kommen und dort zwei Tage zu verbringen. Sie willigt ein und die beiden geniessen eine schöne Zeit miteinander. Ohne viele Worte gestehen sie einander ihre Liebe, doch das junge Glück ist nur von kurzer Dauer. Auf dem Rückweg - der erste Weltkrieg neigt sich dem Ende - werden die beiden von einem Flugzeugangriff überrascht. Sie werden getroffen und bleiben, mit einigem Abstand von einander, auf der Strasse liegen.

Léon lebt mittlerweile in Paris. Seit dem Unfall sind zehn Jahre ins Land gezogen. Die Wunden sind verheilt, doch von Louise hat er nichts mehr gehört. Er hat sich im Lazarett nach ihr erkundigt und kehrte ins Dorf zurück, doch niemand wusste etwas von ihr.
In Paris arbeitet er als Fernmeldespzialist bei der Polizei, er ist mit Yvonne verheiratet und hat einen Sohn. Das Leben verläuft in geregelten Bahnen, bis er eines Tages in der Métro Louise sieht. Auch sie erkennt ihn, doch ihre Züge fahren jeweils in die entgegengesetzte Richtung. Léon, ermutigt von seiner Frau Yvonne, die alles über seine Vergangenheit mit Louise weiss, beginnt nach Louise zu suchen. Er hinterlässt ihr in Cherbourg bei einer Statue eine Nachricht, wie er das bei ihrem gemeinsamen Fahrradausflug vor vielen Jahren bereits einmal gemacht hat. Es klappt und die beiden treffen sich in Paris in einem Kaffee. Es ist, als hätten sie sich nie aus den Augen verloren. Sie können über alles reden, jedoch nur sehr kurz über ihre Vergangenheit und was seit dem Unfall passierte. Auch Louise hatte nach Léon gesucht, hat ihn aber auch nicht gefunden. Auch sie lebt seit einigen Jahren in Paris, arbeitet bei der Banque de France und wohnt nur wenige Blocks von Léon entfernt. Die beiden unternehmen in Louises Sportwagen eine Spritztour, schlafen in der Nacht mehrmals miteinander, vereinbaren jedoch, dass sie einander nicht mehr treffen werden, auch nicht „zufällig“. Es fällt beiden schwer, doch sie halten sich daran.

Wieder vergehen elf Jahre, in denen Léon und Louise nichts voneinander hören. Léon, der mittlerweile Laborleiter bei der Polizei ist und Giftmorde untersucht, hat mit Yvonne noch drei weitere Kinder gezeugt. Dann zieht der zweite Weltkrieg auf und Paris wird von den Nazis besetzt. Die Franzosen versuchen ihre Dokumente und ihr Gold in Sicherheit zu bringen. Louise, die noch immer bei der Bank arbeitet, muss auf einem Schiff mithelfen, das Geld ausser Landes zu bringen. Sie fährt nach Afrika, wo sie den ganzen Krieg über festsitzt. Sie schreibt Léon, der mit seiner Familie in Paris geblieben ist, einen Brief, in dem sie ihm gesteht, dass sie ihn noch immer liebt und auch nach all den Jahren noch immer eine grosse Nähe zu ihm empfindet. Léon kann ihr nicht antworten, da keine Briefe in Afrika ankommen.
Seine Ehe mit Yvonne ist in der Zwischenzeit zur Zweckehe verkommen. Yvonne hat nur noch ein Ziel: Ihre Familie so gut wie nur irgendwie möglich durch den Krieg zu bringen. Dafür ist sie bereit, jedes Opfer zu bringen. Sie vergisst zu essen, nimmt immer mehr ab, wird überbesorgt, zeigt kaum noch Gefühle und schreckt vor nichts zurück, um ihrer Familie zu helfen. Léon erkennt seine Frau kaum mehr wieder, ist jedoch auch in dieser schweren Zeit ein treuer und guter Ehemann.
In den Jahren der Besetzung von Paris kommt immer mal wieder ein Brief von Louise an. Sie hat jedoch nicht viel Neues zu berichten. Sie steckt noch immer in Afrika fest. Léon wird auf der Strasse plötzlich von einem Clochard, dem er in früheren Jahren jeden Tag Geld gegeben hatte, angesprochen. Dieser ist nun bei der Armee und warnt ihn. Er müsse mit seiner Familie sofort verschwinden, da man über ihn rede. Dies deshalb, weil er ein Boot habe (das ihm ein geflohener Franzose vermacht hat) und weil er Geld wahllos unter den Franzosen verteilt, das er durch den Verkauf von Kaffee, den ihm ein Nazi gegeben hat, erhalten hat. Léon packt noch am selben Abend seine Koffer und reist mit der Familie ans Meer. Dort warten sie, bis der Krieg vorbei ist.
Als die erlösende Nachricht eintrifft, erwacht auch Yvonne zu neuem Leben. Sie beginnt zu essen, als wolle sie alles nachholen, was sie in den letzten Jahren verpasst hat. Léon entdeckt wieder eine neue Seite an seiner Frau. Auch nach der Rückkehr nach Paris stopft Yvonne alles in sich hinein, was sie kann.
Louise kehrt einige Zeit später ebenfalls nach Paris zurück und diesmal trifft sie sich gleich mit Léon. Die beiden verabreden sich täglich, verbringen viele Stunden auf dem Boot von Léon. Dieser kehrt jedoch jeden Abend pünktlich um 19 Uhr nach Hause, um dort die Rolle des Familienvaters und Ehemanns zu spielen. Yvonne weiss Bescheid, was auf dem Boot passiert, es kümmert sie jedoch nicht. Sie ist glücklich mit ihrem Leben. Als die Kinder ausgezogen sind, stirbt Yvonne bald. Léon und Louise sind nun endgültig zusammen und fahren mit dem Schiff hinaus auf den Ozean.

Bei der Beerdigung von Léon, die in der Notre Dame in Paris stattfindet, taucht Louise unangemeldet auf. Sie geht zum offenen Sarg, küsst Léon, legt die Fahrradklingel ins Grab, lächelt und verlässt die Kirche wieder.

Charakteranalyse
Léon Le Gall: Wie jeder in der Familie Le Gall, die vorwiegend aus männlichen Nachkommen besteht, hat er einen flachen Hinterkopf und eine Affinität für das Sammeln und Basteln mit altem Material. Er ist ein einfacher, genügsamer Mensch, der sein Wort immer hält. Léon ist ein zuverlässiger Arbeiter, war jedoch in seiner Jugend sehr faul und hat daher das Gymnasium nicht abgeschlossen.
Boote haben ihn schon als Junge fasziniert. Stundenlang konnte er mit dem Boot aufs Meer hinaus fahren und Dinge an Bord ziehen, die auf dem Wasser trieben. Auch als älterer Mann verbrachte er viel Zeit auf dem Boot, das er während dem zweiten Weltkrieg bekommen hat.
Zu seiner Ehefrau, mit der er vier Kinder hatte, war er stets ehrlich, was seine Gefühle und seine Liebe für Louise betraf.

Louise Janvier: Über ihre Herkunft ist nicht viel bekannt, ausser das man weiss, dass sie gepflegtes Französisch spricht und daher wahrscheinlich aus gutem Hause stammt. Sie setzt jedoch alles daran, dies zu verbergen. Sie flucht und raucht, ist aber dennoch sehr beliebt im Dorf, wo sie als Assistentin des Bürgermeisters arbeitet. Dank ihrer einfühlsamen und offenen Art war sie prädestiniert dafür, die schwierige Aufgabe zu übernehmen, während dem ersten Weltkrieg die Familien der verstorbenen Soldaten über den Tod ihrer Liebsten zu informieren.
Nach ihrer Verletzung Ende des ersten Weltkrieges zog sie nach Paris, wo sie auf der Bank zu arbeiten begann. Sie genoss das Leben, leistete sich einen Sportwagen, mit dem sie stets viel zu schnell fuhr, und hatte ab und zu eine Affäre, jedoch nie etwas Ernsthaftes.
Sie hat Léon über all die Jahre hinweg geliebt, obwohl sie, wie sie in einem Brief schrieb, gar nicht so recht wusste, weshalb. Er war vernünftig, normal und sah nicht überaus gut aus, dennoch liebte sie ihn und fühlte sich ihm auch in seiner Abwesenheit nah. (fba)

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