Rezension: Superhero von Anthony McCarten


Wow, was für ein Buch. Es ist mir noch selten passiert, dass ich so ins Schwärmen gerate, wie bei "Superhero" von Anthony McCarten. Bei diesem Werk stimmt einfach alles: Inhalt, Form, Stil und Aufbau.

Donald Delpe ist 14 Jahre alt und hat Leukämie. Eben erst haben die Ärzte erklärt, es gehe im wieder gut. Doch es dauert nicht lange und Don hat einen Rückfall. Es haben sich in der Lunge und im Gehirn Metastasen gebildet. Eine weitere Runde Chemotherapie steht an. Don mag nicht mehr kämpfen. Er ist wütend auf den Rest der Welt. Ungerecht empfindet er es, dass die Krankheit ausgerechnet ihn erwischt hat. Dabei hatte er ja noch so viel vor. Er hat noch keine nackte Frau gesehen und noch nie in seinem Leben Sex gehabt. In seiner Verzweiflung versucht er, sich das Leben zu nehmen. Danach landet er in psychiatrischer Betreuung bei Dr. Adrian King. Nach anfänglichen Problemen verstehen sich die Beiden immer besser, finden über die Kunst einen Weg zu kommunizieren und schliesslich ist es King, der mit einem gewagten Plan Dons Kampfgeist zurückholen will.

Form und Inhalt verschwimmen perfekt
McCarten ist ein begnadeter Erzähler. Er braucht nur wenige Worte, um den Schauplätzen und Personen in seiner Geschichte Leben einzuhauchen. Aufgebaut ist das Werk im Stile eines Kinofilms: Drei Akte, Regieanweisungen, Outtakes und unveröffentlichte Szenen inklusive. Jede Szene beginnt mit einer Ort- und Zeitangabe. Eine ungewöhnliche Form, die jedoch perfekt zum Inhalt passt. Denn Protagonist Don Delpe, der ein talentierter Comiczeichner ist, hat sich ein Alter-Ego kreiert. Miracleman, ein unverwundbarer Superheld, der trotz seiner Unverwundbarkeit immer wieder ins Straucheln gerät und von Zweifeln und Ängsten geplagt ist. McCarten switched gekonnt hin und her zwischen Fiktion und Realität. Mal erzählt er die Geschichte von Don in der Realität, mal in der Person von Miracleman im Comicbuch von Don.

Mit Tiefgang und trotzdem witzig
Doch bei diesem Werk harmonieren nicht nur Form und Inhalt, es besticht vor allem auch mit seinem Tiefgang. Obwohl es in lockerem, teilweise ironischem und witzigen Stil geschrieben ist, erscheint die Verzweiflung des erst 14-jährigen Don sehr glaubwürdig. Auch die Art und Weise, wie die Familie mit dem Schicksalsschlag umgeht - die Mutter verschlingt ein Sachbuch nach dem anderen zum Thema Krebs und der Vater versucht keine Gefühle zu zeigen und stark zu bleiben - ist authentisch. Spannend ist auch, wie Donald, obwohl er schwer krank ist und weiss, dass er bald sterben wird, mit seinen 14 Jahren dem erfahrenen Psychologen Adrian King in seiner verzweifelten Situation mit seiner Ehefrau Sophie weiterhelfen kann.

Kein Happy End
Gerade auch das Ende vermag mich restlos zu überzeugen. Genau wie Don es sich gewünscht hat: Es gibt kein Happy End. Er mag keine Comicverfilmungen, in denen der Superheld am Ende alle rettet und die Welt ist wieder in Ordnung. Er hatte sich gewünscht, dass jemand den Mut hat, einen Film zu drehen, in dem der Held am Ende stirbt. Genau das geschieht in seinem Leben, in seinem eigenen Film. Don und damit auch Miracleman sterben. Don hat in seinem Comicband jedoch ein Geheimnis hinterlassen. Eines, dass seinen Eltern bei der Trauerbewältigung hilft und eines, das Adrian King zeigt, dass er mit seiner Behandlung richtig lag, auch wenn das alle anderen nicht so sehen.
Die Art und Weise wie McCarten an das Thema Krebs herangeht finde ich mutig aber auch gelungen. Er beschönigt nichts, zeigt auch das Leiden und am Ende gar den Tod, findet aber trotzdem auch die richtigen Worte, um die Krankheit positiv und mit einer Prise Humor zu nehmen.
Ein Buch, das ich jedem wärmstens empfehlen kann. Beste Unterhaltung mit Witz und Tiefgang. (fba)




Bibliografische Angaben:

Titel: Superhero
Autor: Anthony McCarten
Seiten: 302
Erschienen: 2008
Verlag: Diogenes
ISBN-10: 3257237332
ISBN-13: 978-3257237337
Bewertung: 

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